Das Alleinsein kultivieren
Seit ich als Teenager angefangen habe „mit jemandem zu gehen“, war ich eigentlich nie lange allein. Ich kann mich erinnern, dass ich damals sogar öfter fast vorwurfsvoll gehört habe: „Die ist immer verliebt!“. Und ja, eigentlich stimmt das, ich habe mir nie schwer damit getan, jemanden zu finden, mit dem ich zusammensein wollte und umgekehrt (als Teenager zumindest für eine Zeit lang, wie das halt so ist…).
Ich habe – auch wenn das vielleicht ein wenig absurd klingt – in einer Beziehung gelernt, allein zu sein. Also in einer Beziehung, von der ich dache, es wäre eine, oder es gehofft habe. Die manchmal eine war, meistens aber nicht, und da war ich schon lange kein Teenager mehr. Egal. Es geht um etwas anderes.
Auf jeden Fall habe ich gelernt, allein zu sein. Und das ist meiner Meinung nach für die meisten von uns wichtig. Ja, es gibt Menschen, die sind total in ihrer Mitte, ganz mit sich selbst im Reinen, die fließen wie selbstverständlich durchs Leben, sind sich selbst genug und treffen gute Entscheidungen für sich, auch wenn sie in einer Partnerschaft leben.
Sich selbst nicht genug.
Aber dann gibt es solche Menschen wie mich – und vielleicht Dich. Man bemüht sich dazuzugehören, möchte geliebt werden, für jemanden besonders sein. Weil man entweder überhaupt so gestrickt ist, oder von dem Menschen, von dem man es sich so sehr wünscht, die Bestätigung, Anerkennung, Liebe nicht bekommt. Und dann denkt man oft nicht daran, die Dinge zu tun, die für einen selbst gut sind. Man wartet auf Bestätigung von außen, verbiegt und verdreht sich, trifft schlechte Entscheidungen (oder gar keine mehr) und wird immer unglücklicher.
Dass das bei mir schon als Teenager der Fall war, glaube ich eigentlich nicht. Aber ich kenne das Gefühlt gut, dass man glaubt, man ist nicht genug. Ich habe es jahrelang kultiviert und irgendwann glaubt man es dann selbst, ist sich dann selbst auch nicht mehr genug. Ich kenne Menschen, die in diesem Gefühl von einer Beziehung in die nächste schlittern. Die nie lang allein sind, und immer hoffen, jetzt mit dem neuen Partner oder der neuen Partnerin glücklich zu werden.
Viel zu viel verlangt!
Aber wenn wir mal genauer darüber nachdenken, kann das nicht gut gehen. Du willst, dass Dich jemand glücklich macht, weil und obwohl Du Dir selbst nicht genug bist? Was für eine riesen Bürde, die man jemandem auferlegt! Glaubt mir, das ist eine unlösbare Aufgabe, zum Scheitern verurteilt.
Glücklich im Leben wird man nur, wenn man sich selbst glücklich macht! Natürlich kann man wundervolle Paarbeziehungen erleben, in denen man viel Glück erfährt. Aber wenn man nicht lernt, sich selbst zu genügen, mit sich selbst glücklich zu sein, gut allein zu sein, dann ist die Gefahr groß, auch in einer Beziehung nicht wirklich glücklich zu werden.
Wenn man mich nicht gut kennt und von außen betrachtet, könnte man vielleicht denken, dass ich leicht reden habe. Seit fast sechs Jahren verliebt, seit drei Jahren verheiratet, tatsächlich sehr glücklich – mit voller Hose ist gut stinken!? Leute, das war nicht immer so. Ich bin durch die Schule des Lebens gegangen und weiß, wovon ich rede.
Lernen, allein zu sein!
In meinem Leben gab es viele Jahre, wo es zwar jemanden in meinem Leben gab, aber eigentlich auch nicht so wirklich. Ich war an Wochenenden allein, habe allein meine Eltern besucht, mit meinen Freunden war ich auch meistens allein unterwegs. Auch Urlaub war in der Zeit meistens ein Solo-Programm. Ich werde nie vergessen, allein in Indien am schönsten Strand, es ist Abend, ich habe Hunger und muss ein Restaurant für mich aussuchen. Das war so schwer! Ich weiß noch, ich bin eine halbe Stunde lang vor den Restuarants auf uns ab gegangen und wusste nicht, welches es werden sollte…
Diese Zeit war schwer, aber ich habe auch viel gelernt. In der Rückschau waren vor allem meine Solo-Urlaube mit die schönsten in meinem Leben. Denn ich habe mich selbst gut kennengelernt. Ich weiß, was ich mag, was mir guttut, wie ich den Tag gern verbringe, wie es mir – auch allein – gut geht. Ich habe gelernt, mir selbst zu genügen. Heute bin ich gern allein, brauche sogar das Alleinsein, um mich zu sammeln und manchmal auch, um mich wieder zu finden.
Denn gelernt zu haben, gut allein zu sein, bedeutet nicht automatisch, dass man nicht in alte Gewohnheiten zurückfällt und in einer Beziehung nur mehr versucht, den anderen glücklich zu machen. Ich arbeite jeden Tag daran, auf mein Herz zu hören. Es ist wichtig zu wissen, was man selbst will (zum Abendessen und vom Leben). Natürlich geht man in einer Beziehung (zum Partner, der Familie und auch zu Freunden) Kompromisse ein, aber ich möchte nie wieder mich selbst verlieren und meine Bedürfnisse nicht mehr wahrnehmen, weil ich sie nicht so wichtig nehme wie die des anderen. Und um mir selbst genug zu sein und zu bleiben, muss ich mein Alleinsein manchmal richtiggehend kultivieren.
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