Du bist, wozu du dich machst
Was ist das eigentlich mit der Kritik, dass wir die so schlecht vertragen? Was ist eigentlich so dramatisch daran, wenn uns jemand sagt, dass wir etwas anders machen könnten, dass wir uns anders verhalten könnten? Wie geht es Euch damit? Also ich kann das ganz schwer aushalten.
Erst in den letzten Wochen hab ich mich immer wieder gefragt, warum ich Kritik so schwer nehmen kann. Ja, natürlich, meistens ist unser Gegenüber, das Kritik übt, nicht besonders feinfühlend dabei. Oft ist es nicht wirklich konstruktiv, was man da hört. Da gäbe es wunderbare Methoden der „nonviolent communication“, um solche Gespräche wohlwollender zu machen.
Aber auch dann, wenn es jemand gut mit mir meint, seinen „Tadel“ nett formuliert und dabei freundlich bleibt, ist für mich kritisiert zu werden in letzter Zeit richtig unangenehm. Warum ist das so, hab ich mich gefragt. Und als ich letztens wieder in die Situation gekommen bin, dass jemand nicht damit zufrieden war, was ich gemacht habe, habe ich versucht, genau in mich hineinzuspüren.
Was man wirklich fühlt.
Was ich da gespürt habe, war aufschlussreich. Ich hab mich klein gefühlt, unzulänglich, plötzlich weniger wert. Und da ist mir gedämmert, dass es beim Einstecken von Kritik genauso so ist, wie auch sonst im Leben: Dass man sich schlecht fühlt, liegt nicht an dem, was das Gegenüber gesagt hat, sondern daran, wie man es selbst interpretiert.
Aus „Könnten wir die Firmenstunden so gestalten, dass man Alltagskleidung dabei anhaben kann?“ wird in meinem Kopf: „Ich bin eine schlechte Yoga-Lehrerin.“. „Ich finde, dass die Putzfrau das nicht ordentlich macht.“ wird in meinem Kopf zu: „Nichteinmal meinen Haushaltspflichten werde ich gerecht!“. Das sind nur zwei ganz banale (tatsächlich passierte) Beispiele, und mal ehrlich: Das, was ich da höre, hat mit dem,
Zuerst einmal war ich schockiert. Aber dann bin ich draufgekommen, dass dieses falsche Hören bzw. Interpretieren mir vor allem dann passiert, wenn es mir grad nicht so gut geht, wenn ich ohnehin an mir zweifle und mein Selbstwert grade sowieso angeknackst ist. Dann reicht sogar schon ein kleines Kind in der U-Bahn, das mir die Zunge rausstreckt, damit ich versteinere, es mir die Tränen in die Augen treibt und ich einen ganz schlechten Tag habe.
Die Gefühle entstehen in einem selbst, also kann man auch etwas daran ändern.
Aber als ich gemerkt habe, dass diese richtig unangenehmen Gefühle, die Kritik bei mir auslöst, hausgemacht sind, hab ich auch gewusst, dass ich etwas daran ändern kann. Ich hab bei der nächsten Frage nach einer Änderung in einer Yoga-Stunde versucht, nicht gleich in Schockstarre zu verfallen, sondern mir gedacht: „Hey, das hat nichts mit dir und deinen Fähigkeiten zu tun. Die haben einfach einen ungewöhnlichen Wunsch. Überleg einfach mal, ob du das nicht machen kannst, bevor du gekränkt bist.“.
Und als das nächste Mal die Diskussion auf die Putzfrau kam, hab ich gesagt: „Ich finde, sie macht das gut, aber wenn es dir nicht passt, kannst du gern mit ihr reden oder eine neue Putzfrau suchen.“. Und leise zu mir selbst hab ich gesagt: „Nein, es ist nicht deine alleinige Pflicht, den Haushalt zu schupfen, nur weil du jetzt weniger verdienst als früher. Was du machst ist wertvoll und du bist nach wie vor eine starke, unabhängige, gleichwertige und gleichberechtigte Frau.“.
Und wisst ihr was? Kein schlechtes Gefühl! Ein kleines bisschen Überwindung aber keine Träne, keine Schockstarre, kein Zweifel, kein Grübeln, kein schlechter Tag! Nach zwei Minuten war ein Thema, das mich ein paar Tage vorher stundenlang nicht mehr losgelassen hätte, komplett erledigt. Cool, oder?
Kenne Deine(n) Wert(e)!
Es ist der Wert, den man sich selbst gibt, der darüber entscheidet, was man hört, wenn man kritisiert wird. Und das ist wunderbar und wichtig zu wissen. Denn wenn man weiß, wer man ist, was man kann, was einem im Leben wichtig ist, nach welchen Werten man leben möchte und das dann auch tut, dann ist man ein Felsen, an dem sogar Gemeinheiten und Erniedrigungen abprallen.
Natürlich kann und soll man hinterfragen, ob Kritik berechtigt ist, wenn man welche hört. Ich will Euch nicht zu Egoismus und Arroganz inspirieren. Aber wenn man ganz bei sich und sicher mit sich selbst ist, kann man konstruktive Kritik auch viel besser annehmen und umsetzen. Dann wird man dabei nicht kleiner sondern größer und besser.
Foto von Dylan Siebel auf Unsplash
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